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Montag, 5. September 2011

Ein Sprung


Wenn man als Schüler von der Sekundarstufe eins in die Oberstufe hineingeschleudert wird, verändert sich viel mehr, als man geahnt hätte. Es sind vor allem Kleinigkeiten, die man vermisst oder endlich losgeworden ist. Eine Betrachtung.
Es beginnt am Vertretungsplan: Der Blick sucht automatisch vertretene Stunden der Klassenstufe 10. Bis man realisiert, dass 12 die neue Nummer ist. Statt die Schultasche gemütlich im Klassenraum stehen zu lassen, während man sich anderswo herumtreibt, schleppt man sie nun den ganzen Tag mit sich umher. Die  große Pause ist viel zu lang, die kleinen sind zu kurz, wenn man zwischen Gebäuden hin- und herlaufen muss und eigentlich auch noch für einen Test lernen müsste. Man freut sich über Freistunden - Zeit, endlich all die Arbeit zu erledigen, die man am Wochenende nicht haben möchte - und merkt dann, dass der für die Hausaufgaben relevante Hefter zu Hause liegt.
Innerhalb einer Woche lernt der ungeübte Kursbesucher gefühlte Hundertschaften neuer Mitschüler kennen, doch den besten Freund und jahrelangem Sitzpartner sieht man nur noch zwei Stunden die Woche. Man verabschiedet sich. Von Freunden, die ins Ausland gehen, die auf eine anderer Schule wechseln. Mit Vielen bleibt man in Kontakt, andere verliert man aus den Augen.
Man kommt sich wichtig vor gegenüber den jüngeren Schülern, wenn man von Klausuren, Kursen und dem Abiball spricht. Doch steht man als einziger Fünfzehnjähriger in einem Mathekurs voller unbekannter Schüler mit bärtigen Gesichtern, beginnen die Hände zu zittern.
Manchmal trauert man den vorherigen Jahren nach, jedenfalls ein bisschen. Damals konnte man eine Arbeit versauen, ohne schwerwiegende Folgen fürchten zu müssen. Man konnte schlafen in den Fächern, die man sowieso abwählen wollte. Es gab eine Zeit, in der noch nicht die Hälfte der Anderen rauchte, einen Freund oder eine Freundin hatte und Fahrstunden nahm. Damals saß man noch nicht in einem komplett sauerstofffreien Raum des Nebengebäudes, von dessen Fenster sich nur eines ankippen ließ, und fragte sich verzweifelt: Warum haben wir eigentlich kein Hitzefrei mehr?
Man fühlt sich erwachsen. Und freut sich darüber. Über abgewählte Physikstunden, risikofreie Einkäufe im Kiez, und darüber, dass langsam ein Ende absehbar ist. Zwei Jahre sind eine kurze Zeit im Vergleich zu den neun, zehn oder elf, die man schon hinter sich hat. Man hat sich an die Schule gewöhnt, und doch sehnt man sich nach etwas Neuem.  Ein bisschen Angst haben wir vor dem, was danach kommt, aber nur ein wenig. Schließlich ist das gerade mal der Anfang.

von Josephine Valeske

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