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Montag, 5. September 2011

Wöchentliche Krisen, Phobien vor unbeschriebenen Blättern

-Warum kann ich niemals eine gute Überschrift finden-

Es muss geschehen. Er muss geschrieben werden. Immer wieder, der neue Text. Wirklich gut soll er sein, frisch und spritzig, verspielt, verlockend, verstörend. Am besten gleichzeitig. Der Welt den Spiegel vorzuhalten, das ist angesagt. Eigentlich könnte ich ja über alles schreiben, aber es fällt mir nichts ein.
Nun sitzt man also vor dem leeren Blatt und hat es mit Schrift zu füllen. Ganz einfach. Trotzdem behält das Papier vorerst seine blütenweiße Reinheit, ebenso das Innere meines Kopfes, ein wunderbares Spiegelbild meines nicht geschriebenen Entwurfs. Ich fühle mich von diesem Bogen sehr unter Druck gesetzt, das kann ich gar nicht leiden.

Man nennt das dann wohl Unentschlossenheit und ich fürchte, mit diesem Problem habe heute nicht nur ich zu kämpfen. Sie äußert sich vornehmlich im Alltag und in den wichtigen Lebensfragen, “Was ziehe ich heute an und wo möchte ich morgen studieren?“ Es sind lange Entscheidungsvorgänge, gekennzeichnet durch gequälte Gesichter, zerwühlte Betten sowie amputierte Haare auf dem Fußboden, die zu einem ernsthaften Problem geworden sind.

Denn am Ende des Entscheidungsprozesses hat man a) zu viel Zeit vergeudet, b) unter enormen Druck einer unangenehmen Belastung gestanden und c) rückblickend meistens trotzdem die falsche Wahl getroffen. Folglich ist man manchmal froh, sich überhaupt irgendwie zu entscheiden, weil man dann wenigstens eine Sorge los zu sein glaubt.

Hierin liegt auch schon eine, aus der Distanz betrachtet, Merkwürdigkeit des Ganzen, da die Möglichkeit, selbst zu entscheiden offensichtlich mehr Sorgen bereiten kann als das Ausbleiben derselben. Das ist an und für sich schon suboptimal, bedenkt man, wie sich die Vielzahl der frei zu entscheidenden Dinge vergrößert hat. Vielleicht ist schon darum die Motivation zur Auswahl einer Alternative aus einem breiten Pool gering, sodass man sich lieber häufiger gängigen Autoritäten im Freundeskreis, Elternhaus oder Fernsehen unterwirft. Als eine weitere Ursache von Entscheidungsunfreudigkeit kann natürlich auch die Angst vor der falschen Entscheidung hinzukommen, die Wut über sich selbst, wenn man mal daneben lag.

Jedoch gibt es wohl Rettung für all diejenigen, welche sich vor lauter Angst hinter Stapeln von Terminkalendern verstecken und krampfhaft versuchen, auf allen Hochzeiten dieses Universums gleichzeitig zu tanzen. Niemand kann das auf Dauer schaffen und kaum jemand wird das ernsthaft verlangen. Wer sich zwischen vielen Möglichkeiten nicht entscheiden kann, dem sei ein Rat aus der Psychologie ans Herz gelegt. Demnach sollen langes Hin- und Herüberlegen nicht zwangsläufig zu besseren Entscheidungen führen. Dies gelte vor Allem im Alltag, wo spontane Entscheidungen sogar des Öfteren die Besseren seien. Und falls nicht, hat man sich zumindest nicht totgegrübelt. So füllt sich auch ganz nebenbei gemerkt in schüchterner Betriebsamkeit ein weißes Blatt mit Buchstaben, Wörtern und Sätzen und die Angst vor der Leere in Papier und Geist ward überwunden durch ein paar spontanen Gedanken über eben jene.

von Straße 103

2 Kommentare:

  1. Anonym19:26

    ein toller text!!! rifft genau den punkt und füllt dabei das papier...

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  2. MädchenMorgenBlütenTräume19:25

    kann ich mich nur anschließen. beschreibt wahrscheinlich das Gefühl von sehr vielen Schülern heutzutage....

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