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Dienstag, 14. Juni 2011

De Auctoribus

Fragt man Kinder in jungen Jahren, was sie später werden wollen, so erhält man oft Antworten wie: Polizistin, Astronaut, Feuerwehrmann oder Lehrerin. Berufe also, welche irgendeine Art von frühen Idealvorstellungen widerspiegeln und welche zudem einschlägig bekannt sind. Selten werden Erwachsene mit einem so speziellen Wunsch wie zum Beispiel „Elektroinstallateur für Energie- und Gebäudetechnik“ konfrontiert. Ein weiterer Faktor ist daher, dass die Berufsbezeichnung nicht zu schwierig zu merken ist.
Egal ob sich diese Vorstellungen im Erwachsenenalter realisieren lassen, als auffällig empfand ich, dass ich bisher noch nie von einem Kind gehört habe, das einmal als Autor arbeiten wolle. Hinreichend bekannt dürfte der Beruf eigentlich sein, auch ist er nicht schwierig auszusprechen. Überhaupt kenne ich gar keine hauptberuflichen Autoren, ging mir gerade auf. Aber gut, bei Astronauten sieht es ganz ähnlich aus, solche sind mir ebenso wenig bekannt. Ist das also schon das Ende?
Bestimmt nicht, denn irgendwo muss es sie geben, viele sogar, denn sie texten uns ja wortwörtlich jeden Tag zu, was uns meistens freut, wenn die Produkte ihres Schaffens uns interessieren. Haben sie sich einem exklusiven Club gleich von der Welt abgeschottet, oder halten sie es vielleicht wie die Comiczeichner, denen man ja nachsagt, ihre Spezies wäre tagsüber einfach nicht wach anzutreffen? Was ist ein Autor eigentlich? Ein Urheber, ein Verfasser natürlich, doch darin erschöpft sich die wichtige Frage nach der Bedeutung seiner Tätigkeit nicht. Manchmal zumindest, wenn es ihm gelingt, etwas so Neues und Mitreißendes zu kreieren, dass es ganze Menschengruppen in seinen Bann schlägt. Die Rede ist weniger von Twilightund Harry Potterals von Werken wie dem Kommunistischen Manifest, welches einer ganzen politischen Bewegung sinnstiftend war, Ideologie inklusive. Oftmals treten die Autoren hinter ein solches Werk zurück, wofür die Bibel ein treffendes Beispiel ist, welche, zur Erinnerung, weder Martin Luther , Buddha oder Jesus verfasst haben, während der letzte ja zumindest inhaltlich vorkam. Nun ist die Bibel nicht Herzstück des christlichen Glaubens oder gar Gegenstand einer Verehrung. Trotzdem sollte ihre Bedeutung nicht unterschätzt werden.
Der Autor hält sich in diesem Komplex jedoch scheinbar nicht auf, zumindest ist er weniger wichtig. Andererseits werden Texte selten anonym veröffentlicht, Autoren sind bekannt, Goethe, Schiller, Homer, man kennt sie aus der Sage. Sage ich demnach das Falsche, wenn ich behaupte, die Bedeutung des Autors ist ein wenig beachtetes Thema? Manche Namen überleben die rein körperliche Existenz von Schriftstellern um ein Vielfaches, nahezu ausnahmslos wegen ihres Schaffens. Das ist wohl auch häufig die Absicht derjenigen, welche auf diese Weise ihr kleines bisschen Unsterblichkeit erhalten, vom dem Ruhm ganz zu schweigen.
Zur Deutung eines Textes wird häufig die Biografie des Autors herangezogen. Dies ist der Versuch, durch Kenntnis des Schöpfers eines Textes einen besseren Zugang zu diesem zu erhalten. Dahinter steht die Vermutung, dass der Autor seine eigenen Erfahrungen, Gefühle oder Gedanken ebenfalls in das Werk einfließen lässt. Meistens ist dieses Vorgehen auch tatsächlich hilfreich, die Vermutung scheint sich also zu bestätigen. Allerdings ist darin auch schon die Prämisse verborgen, dass man Literatur immer deuten könne und müsse. Ist das so, frage ich mich und manchmal ärgert mich das sogar, wenn in der Schule oder in den Medien versucht wird, ein Werk zu analysieren und es damit jedoch nur entzaubert wird. Ich find dies bezeichnend für die so genannte „verkopfte“ Gesellschaft(was nicht einmal zwingend böse gemeint ist), welche offenbar versucht, das Gefühl, was beim Lesen großer Texte in jedem Einzelnen entsteht, zu verdrängen und durch eine Erklärung zu ersetzen. Es erscheint mir zumindest zweifelhaft, ob die Autoren das in jedem Falle bezwecken wollten. Die Entscheidung, was denn letztendlich wichtiger ist, ob es der Verfasser ist oder doch das Verfasste, kann ich nicht liefern, kann vielleicht niemand liefern, wenn ich mit der Annahme im Recht bin, dass es sich hier um eine klassische Huhn oder Ei- Situation handelt.
von Straße 103

1 Kommentar:

  1. Morgenmädchenblütenträume15:11

    also ich wollte schon als Kind immer Schriftstellerin werden und nie Astronautin oder sowas :)
    Aber ansonsten stimme ich dir zu, viel zu oft werden Werke "zu Tode interpretiert" oder alles viel zu wissenschaftlich betrachtet und der eigentlice Lesegenuss geht verloren...

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