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Montag, 24. Oktober 2011

Subjektive Wahrnehmung


Wer kennt das nicht: das Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein. Ob man diesen „subjektiven“ Eindruck durch Freunde, Verwandte oder beispielsweise in der Schule erfährt, gehört gemeinhin zum alltäglichen Erfahrungsschatz. Manchmal mit Recht, manchmal mit oder im Unrecht. Doch wer und wie kann man das Eine vom Anderen unterscheiden, und wie geht der Betroffene, der sich oftmals mittelfristig mit diesem Ärgernis beschäftigen muss, am besten mit der Situation um?

Diese Geschichte soll kein Pamphlet sein und Menschen an den Pranger stellen oder über sie richten. Nein. Hiermit sollen vielmehr Anregungen über die Alltäglichkeit der eigenen, der subjektiven Wahrnehmung, gegeben werden. Inwiefern man mit dem Resultat zufrieden sein kann, entscheidet man selbst - oder die subjektive Wahrnehmung.

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Anfang:

Sebastian wusste es. Er musste sie bekommen. Die für ihn alles bedeutende, selbstbestätigende Note. Tagelang hatte er sich auf die Rückgabe der Hausarbeit gefreut. Schließlich hatte er sich ja auch tagelang mit der Hausarbeit beschäftigt. Immer und immer wieder hat er Quellen gegengeprüft, sich vergewissert, dass Aufbau, Struktur, Rechtschreibung und einfach der Gesamteindruck für den Leser - in diesem speziellen Falle den Lehrer – ein harmonisches Gebilde produzieren. Was sollte schon schiefgehen, dachte er sich? Freunde schauten sich die Arbeit an, sie nickten sie ab. Alles sollte mit dieser Arbeit perfekt werden, sie sollte die langen Jahre in der Schule, zugegebenermaßen mal mit mehr, mal mit weniger Aufmerksamkeit für den Lehrkörper, abrunden.


Sebastian war ein guter Schüler. Nie zu schlecht aber auch nie ein Kandidat, der die 100% erreichen konnte und auch nicht erreichen wollte. Er zählte nicht zu dem Kreis, den die Allgemeinheit als „hochbegabt“ bezeichnet und er wollte auch nie dazu zählen. Nur dieses eine Mal wollte er es eben noch besser machen als sonst. Seine Schullaufbahn im Fach X mit einem i-Tüpfelchen abschließen. So stellte er es sich vor, so sollte es für ihn sein. Die Voraussetzungen waren gegeben, so zumindest, dachte er es sich. Sehr gut vorbereitet, sehr gut verarbeitet, pünktlich abgegeben: 1,0 oder geringfügig schlechter . . .

Ende:  

Und so kam endlich der Tag, an dem das quälende, durchaus positiv gequält, er wusste ja wie gut er die Arbeit angefertigt hatte, Warten ein Ende haben sollte. Der Lehrer ging also durch die Reihen. Nach alter Tradition, wurden die Bestleistungen zuerst verteilt. Ein schönes Gefühl, als erster seine eigene Arbeit in den Händen zu halten, dachte sich Sebastian, in der Vorfreude, sie dementsprechend bald in Empfang nehmen zu dürfen. Nichts da. Schüler 1, Schüler 2, Schüler 3, alles „Hochbegabte“, erhielten ihre Resultate. Dann Sebastian. Ergebnis: 2+. Anbei kein Erwartungshorizont.
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Nicht schlecht, aber auch nicht sehr gut. Für manch einen klingt das alles nach Jammern auf Hohem Niveau. Ist es auch. Gute Noten sind, genau wie Geld, nicht alles im Leben. Sie oder es zu haben vereinfacht trotzdem vieles. So ist das Leben. Im Leben gibt es oftmals Beistand. Genügend Leute, die einem bestätigen können, dass so ein Ergebnis doch toll ist. Es gibt aber auch genauso viele Leute, darunter Sebastian, die denen mit sehr viel Unverständnis begegnen, einfach, weil sie es nicht anders können. Schüler wie Sebastian sind nun keine Opfer im klassischen Sinne, ihnen wurde kein physisches, maximal ein wenig psychisches, Leid angetan. Sie sind Opfer und Täter ihrer selbst. So fühlen Sportler, Politiker, Stars, Rentner, Kinder, Kranke, so fühlen Menschen. Für diese Begegnung von Unverständnis gibt es keinen Stereotyp. Gibt es keinen „Sebastian“, gibt es keinen „Schüler“. Hierbei gibt es nur Menschen, die einem Ideal hinterherrennen.

Sie werden mit einer Gesellschaft konfrontiert, die sich als Leistungsgesellschaft versteht. Ein Zusammenhalt ist gewünscht, das Individuum als solches wird indes gefordert und gefördert. Ob das zusammen passt, darüber kann man sich sein eigenes Urteil bilden. Macht man sowieso. Wozu gibt es sonst die subjektive Wahrnehmung?

P.S.
Sebastian hat sich mit der 2+ abgefunden. Am Ende blieb ja auch nichts Anderes übrig. Selbstverstümmelung in jedweder Hinsicht - ob psychisch, ob physisch – war noch nie so sein Ding. Dranbleiben hingegen, schon eher. Er wurde belohnt. So wechselte der Lehrer, und die Note auch. 


von Twick

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