„Du bist Deutschland!“ - war ein viel zitierter, aber häufig
auch umstrittener Slogan einer Werbekampagne, die vor einigen Jahren dauerhaft
über unsere Bildschirme und Kinoleinwände flimmerte.
Es war ein Aufruf zu einem positiveren deutschen
Nationalgefühl, unterstützt von vielen Prominenten, Printverlagen und
einschlägigen Fernsehanstalten.
Momentan würde eine solche Kampagne wohl für große
Verwirrung sorgen: So spricht im Moment so gut wie jeder vom Eurorettungsschirm,
der Krise rund um Griechenland oder anderen europäischen
Problemen.
So wichtig Europa bzw. die Europäische Union für die Politik
und Wirtschaft unserer Gesellschaft ist, so selten wird uns als (jungen)
Bürgern diese Bedeutung bewusst gemacht. Das Gegenteil ist meist der Fall:
Häufig wird versucht eher das deutsche als das europäische Zusammengehörigkeitsgefühl
zu stärken.
Wir wurden geboren in
einem friedlichen Europa, Kriege kennen wir zumeist nur aus Büchern oder
aus Erzählungen. Die Grenzenlosigkeit, mit der wir die EU leicht und frei
bereisen können, ist unser Alltag - und Luxus zugleich, wenn man die
Einreisebestimmungen innerhalb der EU mit den Prozederen Russlands oder der USA
vergleicht.
Doch bis es zu diesen bemerkenswerten Errungenschaften der
Europäischen Union kam, vergingen viele Jahre, die mal mehr - mal weniger
erfolgreich waren. Als der erste Grundstein der EU 1951 mit dem Vertrag über
die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl gelegt wurde, glaubte
zunächst niemand, dass in einem vergleichsweise so kurzen Zeitrahmen eine allumfassende
Union entstehen würde. 60 Jahre nach
diesem Vertrag ist die EU nun ein gewaltiges Konstrukt - für uns als Bürger -
mal abgesehen von unserem Geld, dem Euro - nur selten spürbar. Zudem begegnet
das Volk der Union häufig mit Skepsis oder Desinteresse (Stichwort:
Wahlbeteiligung bei den Europawahlen). Schließlich gewöhnt man sich schnell an
die kleinen Annehmlichkeiten, die die EU mit sich bringt. Und daraufhin tritt
ein allzu menschliches Phänomen auf: Wenn etwas da ist und man das Gefühl hat,
dass nicht man selbst als europäisches Volk die Entscheidungen trifft sondern
Bürokraten in Brüssel, wird selten noch mit großem Enthusiasmus um kleinste
Fortschritte gekämpft.
Anlässlich dieser wachsenden Diskrepanz zwischen der
politischen und vor allem wirtschaftlichen Bedeutung Europas und dem Interesse
des Bürgers bezüglich dieser Union, fragte ich mich jedoch: Für wen ist diese
Union, wenn nicht für die europäischen Bürger in all ihrer Vielfalt?
Die Europäische Union vereint die 27 unterschiedlichsten
Staaten - alle haben ihre eigene Kultur, eine eigene Sprache und selbst ein
einfaches Nicken bedeutet am anderen Ende unseres Kontinents etwas Anderes als
bei uns.
Doch häufig liegt genau da das Problem: Wir definieren uns
über unsere eigene Kultur. Wir sehen uns häufiger als Mitglieder unserer Stadt,
unseres Bundeslandes oder im anderen Extremum als Weltbürger. Aber die EU
braucht ein Fundament, damit wirtschaftliche oder auch politische
Entscheidungen eine Grundlage haben und die Vielfalt auch an der Basis vereint
ist. Auch wenn die Kulturen von Amsterdam bis Wien facettenreich sind, so haben
sie doch alle einen gemeinsamen Hintergrund. Geschichtlich gesehen wird dies
wohl häufig als Kultur des Abendlandes bezeichnet.
Und dass eben diese Länder des „Abendlandes“ allein es in einer
globalisierten Welt schwer haben werden, wissen viele. Und genau dieses Wissen
muss in ein lebendiges Europa münden, um in diesem System erfolgreiche Politik
zu betreiben.
Deswegen müssen wir uns bewusst sein: Europa ist nützlich
für uns, aber für dessen Fortbestand und Entwicklung stehen auch wir in der
Verantwortung. Dass dabei nicht alles gut befunden werden muss, was innerhalb
der EU beschlossen wird, ist selbstverständlich. Aber selbst eine lebendige
Debatte lässt die EU vorankommen.
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